Wieso Sie bei der Wahl Ihrer Maske unbedingt vorsichtig sein müssen

Unsere Gesellschaft propagiert, dass wir nur wir selbst sein müssen - der Erfolg würde dann sogleich auf dem Fuße folgen. Das klingt nicht nur einfach, sondern auch sehr logisch. Das Problem allerdings ist, dass wir oft selbst gar nicht wissen, wer wir eigentlich sind. Anstatt im Innen zu suchen, versuchen wir authentisch zu sein, anderen zuzuordnen. Die innere Erkundung wird zum Ratespiel.

Sie selbst zu sein bedeutet nicht dasselbe, wie sich von anderen - mit aller Gewalt - zu unterscheiden. Es bedeutet vielmehr, den eigenen Weg zu finden, diesem zu folgen und sich dabei nicht von den Ansichten anderer aufhalten zu lassen. Wenn Sie versuchen, anders als die anderen zu sein, trennen Sie sich von dem, wer oder was Sie eigentlich sind. Wenn Sie erwarten, dass Ihre Erlebnisse exklusiver Natur sind, sehen Sie die Dinge nicht, wie sie tatsächlich sind, sondern wie Sie glauben, dass sie sein müssten.

Der Existenzialismus betrachtete Authentizität als einen Gradmesser, der Ihnen dabei hilft, trotz des äußeren Drucks Ihrem eigentlichen Charakter treu zu bleiben. Die Existenzialisten wie Jean-Paul Sartre propagieren den Individualismus. Sie unterstreichen, dass wir unabhängig handeln und uns unserer Verantwortung bewusst sein sollen.

Genau darum geht es meiner Meinung nach bei Authentizität: Nicht Ihr Image zählt, sondern es geht darum, Ihren Werten und Ihrem Glauben treu zu bleiben. Es erfordert Mut, Ihre wahren Gefühle und Ihre ehrliche Meinungen auszudrücken und trotzdem keine Angst vor Ablehnung zu haben. Die schlechte Nachricht: Das klingt einfacher als es ist.

Wenn Sie allerdings nicht authentisch sind, zahlen Sie einen hohen Preis. Denn die einzige Person, die Sie dabei wirklich zum Narren halten, sind Sie selbst. Sie setzen sich eine Maske auf, die zu Ihrer zweiten Haut wird. Das ist gefährlich, denn Masken helfen uns nicht nur dabei, uns zu verstecken, sondern sie verwandeln uns letztlich zu dem, den wir mit Hilfe dieser Masken verkörpern.

Ein Exkurs über die Geschichte der Maskerade

Im Jahr 1296 wurde der Karneval von Venedig offiziell zur öffentlichen Feierlichkeit erhoben. Mit einem Edikt kündigte der Senat der Republik Venedig den Tag vor der Fastenzeit zum Feiertag an. Damit wollten sie der Bevölkerung, vor allem den unteren Schichten, eine Zeit für Spaß und Freude bieten und ihnen gleichzeitig das Gefühl der Freiheit geben. Die Menschen sollten sich unabhängig der jeweiligen Schicht wohlfühlen und gemeinsam feiern. Damit das gelingt wurde das Volk aufgefordert, die wahre Identität hinter einer Maske zu verstecken. Inspiriert von den alten griechischen und römischen Festen war der eigentliche Zweck der Masken, das Gefühl der Gleichheit und der Ebenbürtigkeit zu ermöglichen. So durften die Menschen sogar die Aristokratie in der Öffentlichkeit verspotten, ohne Angst vor möglichen Konsequenzen zu haben. Es galt, Spannungen und Unzufriedenheit in einem kontrollierten Rahmen abzubauen.

Allerdings kam es zu einer unerwarteten Wendung: Denn die Masken legten vor allem die dunkle Seite der Menschen frei. Das Verstecken der eigenen Identität verführte dazu, zu stehlen und einander nicht nur verbal, sondern auch körperlich anzugreifen. Denn Masken sind knifflig. Sie verbergen zwar die eigene Identität, aber dadurch verschwindet nicht das wahre Ich.

Die Lösung: Klarheit

Unsere heutige Welt der sozialen Medien ist ein einziger, großer Karneval. Darin zwingen wir uns und andere, Masken zu tragen, die unser wahres Selbst verbergen. Diese Masken lenken von uns selbst ab und bestätigen vielmehr das herrschende Gesellschaftsmodell.

Wenn Sie wirklich authentisch handeln wollen, müssen Sie sich zunächst bewusst machen, was Sie wirklich wollen - und was nicht. Authentizität ist nicht etwas, das Sie haben. Es ist ein Ziel einer langen Reise. Es ist etwas, das Sie verfolgen und Teil einer "schmerzhaften" Erfahrung, Mensch zu sein. Authentisch zu sein erfordert Mut und Klarheit.

Um authentisch zu sein, sollten Sie vor allem auf Ihre Gedanken achten und sich klar sein, dass diese Gedanken zu Ihren Handlungen führen. Ihre Handlungen beeinflussen wiederum die Menschen um Sie herum. Es lohnt sich, wenn Sie dabei den Vergleich mit anderen und die Angst vor Ablehnung vergessen. Denn dann werden Sie für Ihre Authentizität bewundert und fungieren als strahlendes Vorbild. Und wenn wir etwas in dieser Welt brauchen, dann ist es Authentizität, Empathie und Mut, man selbst zu sein.