Wenn es drinnen und draußen dunkel wird

Die sozialen Spannungen durch die Corona-Pandemie, aber auch die dunkler werdenden Abende und das Fallen der Blätter scheinen in vielen Menschen ein Gefühl des Unbehagens, des Unwohlseins und der Müdigkeit auszulösen. Mit der Ankündigung des Winters trifft bei manchen Menschen eine sogenannte saisonale affektive Störung ein. Das kann zu einer depressiven Stimmung führen, die unter anderem in einem Verlust des Interesses an Dingen und zu Veränderungen von Schlaf und Appetit führen kann. Dadurch fehlt die Energie in der Wachzeit, um die Leistung zu erbringen, die sie vielleicht sonst gewohnt sind. Jeder Mensch hat eine innere Uhr, die einem sagt, wann er oder sie essen, schlafen und aufwachen soll. Dieser sogenannte zirkadiane Rhythmus wird einem meistens erst dann bewusst, wenn er durch eine ungewöhnliche Nacht oder einen Langstreckenflug gestört wird. Licht ist einer der stärksten Reize für das zirkadiane System. Wenn Sie viel künstliches Licht konsumieren, sendet das unterschiedliche Botschaften an den Körper. Und das passiert oft im Winter. Das Licht verwirrt den Körper und sendet ihm die Botschaft, dass er depressiv ist.

Depression kommt aber auch in anderen Formen und auch nicht nur im Winter. Sie erkennen eine depressive Person daran, dass es dem Betroffenen scheinbar Vitalität fehlt. Es wirkt, als wäre irgendwie alles zu viel. Zu den Symptomen gehören u.a. der Verlust des Interesses, verminderte Energie, ein geringes Selbstwertgefühl, Schlafstörungen und Konzentrationsschwäche.

Trotz dieser enormen und wachsenden Belastung fehlt vielen Unternehmen ein Ansatz, wie sie bei einer Depression mit den Arbeitnehmenden umgehen können. Die meisten erkennen die psychischen Probleme viel zu spät, nämlich erst dann, wenn sie sich in schlechter Leistung widerspiegelt. Unternehmen können – und sollten – vielmehr für die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden tun. Gerade jetzt.

Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass Depressionen weltweit eine der häufigsten Ursachen für Krankheiten und Behinderungen sind. Mehr als 300 Millionen Menschen sind davon betroffen. Obwohl Depression sehr verbreitet ist, haben dennoch viele Menschen Probleme mit dem Umgang mit depressiven Personen - es sei denn, die Betroffenen machen so, als wären sie glücklich. Dabei mindern Depressionen nicht den Wunsch einer Person, sich mit anderen Menschen zu verbinden. Es fehlt ihnen vielmehr in diesem Moment an der Fähigkeit dazu.

Deswegen hilft es auch nicht, wenn Sie eine an Depression erkrankte Person aufheitern wollen und ihr sagen „Nimm es nicht so tragisch“. Diese Menschen leiden nicht an der Unfähigkeit, „einfach über etwas hinwegzukommen“. Depression ist eine Krankheit, wie ein gebrochener Fuß oder Krebs eine Krankheit ist. Der Druck, „normal“ zu sein und zu funktionieren, ist nicht der richtige Ansatz. Statt die Menschen zu entlasten, führt dieses Vorgehen eher zu noch mehr Belastung, weil Sie dadurch unbeabsichtigt deren Angst füttern, sie könnten Sie enttäuschen.

Vielleicht sind auch viele Menschen im Umgang mit einer an Depression erkrankten Person verunsichert, weil sie denken, dass sie eine direkte Verantwortung für das Wohlergehen dieser Personen haben. Aber das haben Sie nicht. Sie sind nicht alleine für deren persönliches Wohlergehen verantwortlich, Sie müssen auch niemanden „reparieren“ oder deren Probleme lösen. Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie jemanden heilen, wenn Sie kein Arzt sind. Vielleicht machen Sie sich Sorgen, dass Sie nicht wissen, was Sie sagen sollen, aber Worte sind nicht das Wichtigste – Ihre Anwesenheit und Ihr Zuhören ist es.

Wenn Sie das Gefühl haben, dass einer Ihrer Kollegen oder Ihrer Mitarbeitenden an einer Depression leidet, dann sprechen Sie mit ihr. Sorgen Sie dafür, dass diese Person das Gefühl bekommt, dass es Ihnen wichtig ist, wie es ihm oder ihr geht und dass er oder sie nach wie vor einen wichtigen Beitrag leisten kann. Es geht darum, dass Sie vermitteln - und sich auch selbst bewusst machen - dass jede Person in Ordnung ist - genauso wie sie in diesem Moment ist. Sprechen Sie mit einer depressiven Person, als ob ihr Leben genauso wertvoll, intensiv und schön wäre wie Ihres. Wenn Sie das tun, dann können es die schönsten und tiefsten Gespräche Ihres Lebens werden.

Der Umgang mit Depressionen ist schwierig, nicht nur für die Person mit Depression, die darunter leidet, sondern auch für die Person, die mit der depressiven Person interagiert. Vergessen Sie aber nicht: Indem Sie Menschen, die an einer Depression leiden, helfen, helfen Sie auch anderen Menschen. Sie demonstrieren dadurch Stärke und strahlen Vertrauen aus. Gerade für Führungskräfte besteht die Aufgabe darin, ein positives und sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen, das zu besseren Ergebnissen führt - auch für diejenigen, die unter Depressionen leiden. Geben Sie den Menschen das Gefühl, dass es in Ordnung ist, einfach alleine deshalb, weil sie Menschen sind. Depressionen sind real. Genauso wie Hoffnung, Mut und Resilienz.

Wie Sie empathisch auf Menschen reagieren können, die gerade Probleme durchleben, habe ich in diesem Video zusammengefasst.